WpHG-Prüfung nach § 36 Abs. 1 WpHG
WpHG-Prüfung nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)
Das Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz – WpHG) statuiert, dass alle Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WDU) der Marktaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterliegen. Entsprechend § 36 Abs. 1 Satz 1 WpHG sind das Wertpapierdienstleistungsgeschäft und das Wertpapiernebendienstleistungsgeschäft aller WDU in jährlichem Rhythmus einer Prüfung zu unterziehen, wobei sich die Anforderungen an die Prüfung nach § 36 Abs. 1 Satz 1 WpHG aus dem WpHG, aus der Verordnung über die Prüfung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 36 des Wertpapierhandelsgesetzes (Wertpapierdienstleistungs-Prüfungsverordnung – WpDPV) und der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung – WpDVerOV) ableiten. Der Prüfer hat unter Beachtung der vorstehenden Normengerüste die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen festzustellen, wobei er zusätzlich an die von der BaFin diesbezüglich ergangenen Auslegungen in Form von Richtlinien, Rundschreiben, Bekanntmachungen, Schreiben und sonstigen Veröffentlichungen gebunden ist. Grundlage für die Tätigkeit des Prüfers sind die im IDW Prüfungsstandard: Die Prüfung des Wertpapierdienstleistungsgeschäfts nach § 36 Abs. 1 Satz 1 WpHG (IDW PS 521) dargelegten berufsständischen Normen zur Durchführung der Prüfung und anschließenden Berichterstattung. Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich entsprechend auf den IDW PS 521.
Wer unterliegt der WpHG-Prüfung?
Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz im Ausland nach § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG, die Wertpapierdienstleistungen (§ 2 Abs. 3 WpHG) allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen (§ 2 Abs. 3a WpHG) gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind als WDU nach § 36 Abs. 1 Satz 1 WpHG prüfungspflichtig. In § 2a WpHG werden Ausnahmetatbestände definiert, die die Qualifikation als WDU und insoweit auch die Prüfungspflicht nach § 36 Abs. 1 Satz 1 WpHG ausräumen.
WpHG-Prüfung durch Wirtschaftsprüfer
Für die Prüfung der WDU nach § 36 Abs. 1 Satz 1 WpHG sind ausschließlich geeigneten Prüfer vorgesehen, zu denen Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften zählen, sofern sie als ausreichende Sachkundige angesehen werden können. Eine ausreichende Sachkunde kann dann als vorliegend angesehen werden, wenn der Prüfer mit den zu prüfenden Sachverhalten, mit den einschlägigen gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Regelungen sowie mit der Geschäftstätigkeit des WDU und dessen wirtschaftlichen Umfeld vertraut ist. Darüber hinaus ist die BaFin gemäß § 36 Abs. 3 Satz 4 WpHG zur Teilnahme an der WpHG-Prüfung berechtigt und kann die Prüfung im Einzelfall auch eigenständig durchführen oder durch Beauftragte vornehmen lassen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 WpHG).
Zeitpunkt der WpHG-Prüfung
Den Startzeitpunkt der WpHG-Prüfung legt der Prüfer eigenverantwortlich fest, wobei zu beachten ist, dass die Prüfung spätestens 15 Monate nach Beginn des maßgeblichen Berichtszeitraums begonnen wird. Ferner ist die Prüfung innerhalb eines angemessenen Zeitraumes abzuschließen. Auch den Stichtag der jeweiligen Prüfung kann der Prüfer eigenverantwortlich festlegen, so dass die Länge des Berichtszeitraums je nach festgesetztem Prüfungsstichtag variieren kann. Hierdurch soll die WpHG-Prüfung zeitlich mit der Prüfung des Jahresabschlusses abgestimmt werden können.
Prüfungsgegenstand der WpHG-Prüfung
Prüfungsgegenstand sind unter Beachtung der jeweils betriebenen Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen insbesondere die Einhaltung der Meldepflichten nach § 9 WpHG, der allgemeinen Verhaltensregeln nach § 31 ff. WpHG und der organisatorischen Anforderungen an die Bearbeitung von Kundenaufträgen sowie deren bestmögliche Ausführung. Darüber hinaus werden die Themenstellungen Interessenkonfliktmanagement und Mitarbeitergeschäfte, Zuwendungen, Kundenbeschwerdemanagement sowie die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten prüferisch gewürdigt. Als spezifische Prüfungsfelder können die Anforderungen für multilaterale Handelssysteme und systematische Internalisierer, die Nachhandelstransparenzpflichten sowie Finanzanalysen und Marketing zu prüfen sein.
Die Prüfung umfasst die Einhaltung der Meldepflichten und der Verhaltensregeln in allen Teilbereichen der Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen; sie muss den gesamten Berichtszeitraum erfassen und in einem angemessenen Verhältnis zum Umfang der jeweiligen Geschäfte und Aufgaben stehen. (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WpDPV). Dies bedeutet, dass sich der Prüfungsumfang an Art und Umfang der betriebenen Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen ausrichtet.
Gemäß § 36 Abs. 3 WpHG kann die BaFin gegenüber dem WDU bzw. dem Prüfer Prüfungsschwerpunkte festlegen. Der Prüfer hat die in diesem Zusammenhang vorgenommenen Prüfungshandlungen und auch die hierbei erlangten Prüfungsergebnisse im Prüfungsbericht separat darzustellen. Auch der Prüfer kann nach pflichtgemäßem Ermessen bei der Prüfung Schwerpunkte bilden und sich auf Systemprüfungen mit Funktionstests und Stichproben beschränken, sofern nicht in Einzelfällen eine lückenlose Prüfung erforderlich ist (§ 4 Abs. 2 Satz 1 WpDPV), wobei die Schwerpunktbildung auch hinsichtlich eines mehrjährigen Prüfungsplans erfolgen kann.
Hinsichtlich der Beurteilung der Einhaltung der aufsichtlichen Anforderungen unterscheidet die WpDPV zwischen Fehlern und Mängeln (§ 2 WpDPV), wobei ein Fehler bei jeder einzelnen Abweichung von gesetzlichen Anforderungen vorliegt. Die Einwertung in den Mangelbegriff erfolgt je nach gesetzlichem Tatbestand und Fehlerausprägung, wobei zwischen qualitativen Mängeln (Nr. 1), quantitativen Mängeln (Nr. 2) und sonstigen Mängeln (Nr. 3) unterschieden wird.
Über die WpHG-Prüfung erstellt der Prüfer gemäß § 36 Abs. 1 Satz 7 WpHG einen schriftlichen Bericht, der formell und materiell detaillierten Anforderungen entsprechen muss, die durch die WpDPV und den IDW PS 521 statuiert werden. Nach Fertigung des Prüfungsberichts sendet der Prüfer diesen unverzüglich in zweifacher Ausfertigung an die BaFin sowie in einfacher Ausfertigung an die zuständige Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank. Hierbei ist zu beachten, dass der Prüfungsbericht der BaFin innerhalb von zwei Monaten nach Beendigung des Prüfungszeitraums zugehen muss.