Fairness Opinion
Fairness Opinion – Stellungnahme zur finanziellen Angemessenheit einer Transaktion
Eine Fairness Opinion ist eine fachliche Stellungnahme eines Sachverständigen (hier eines Wirtschaftsprüfers) zu dem Ergebnis eines Entscheidungsprozesses eines Auftraggebers, insbesondere zur finanziellen Angemessenheit eines Transaktionspreises. Fairness Opinions kommen häufig bei unternehmerischen Initiativen zum Einsatz, die häufig durch zeitliche Restriktionen und eingeschränkten Informationszugang gekennzeichnet sind. Fairness Opinions sind dabei jedoch kein Instrument zur Ermittlung von Unternehmenswerten im Sinne des IDW S 1. Eine Fairness Opinion kann auch gesetzlich veranlasste Angemessenheitsprüfungen und diesen zugrunde liegende Bewertungen, bspw. in den Fällen der §§ 304, 305 AktG, §§ 9 f. UmwG, nicht ersetzen. Wirtschaftsprüfer erstellen Fairness Opinions unter Beachtung berufsständischer Normen, die vom Institut der Wirtschaftsprüfer e.V. im IDW Standard: Grundsätze für die Erstellung von Fairness Opinions (IDW S8) festgesetzt wurden. Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich dementsprechend auf die Ausführungen im IDW S8.
Eine Fairness Opinion im Sinne des IDW S8 ist dabei die Stellungnahme eines Wirtschaftsprüfers zur finanziellen Angemessenheit einer Transaktion hinsichtlich des vereinbarten oder vorgesehenen Transaktionspreises im Rahmen einer unternehmerischen Initiative, wobei die Beurteilung der finanziellen Angemessenheit aus Sicht des jeweiligen Auftraggebers vorgenommen wird. Der Wirtschaftsprüfer muss seine Tätigkeit als Sachverständiger dennoch unabhängig und eigenverantwortlich ausüben. Zu beachten ist insbesondere, dass eine Fairness Opinion im Sinne des IDW S8 keine Aussagen darüber sein kann und darf, ob ein vorteilhafterer Transaktionspreis mit anderen Parteien erzielbar wäre. Zudem ist der Begriff der „finanziellen Angemessenheit“ gesetzlich nicht definiert, so dass ein Wirtschaftsprüfer auf Basis der im IDW S8 vorgesehenen Verfahren und Analysen einen Beurteilungsmaßstab ermittelt und diesem den gesetzten Transaktionspreis gegenüberstellt.
Eine finanzielle Angemessenheit im Sinne des IDW S8 kann immer dann bejaht werden, wenn der zu beurteilende Transaktionspreis innerhalb einer Bandbreite von kapitalwertorientiert ermittelten Werten sowie ggf. zum Vergleich herangezogenen Transaktionspreisen liegt. Diese Bandbreite grenzt die sog. Maßstabsfunktion ab. Sollte im Falle einer unternehmerischen Initiative hinsichtlich eines gesamten Unternehmens für das Transaktionsobjekt eine zeitnah durchgeführte Unternehmensbewertung nach Maßgabe des IDW S 1 vorliegt, ist diese zwingend in die Betrachtung einzubeziehen und als Vergleichsmaßstab mit heranzuziehen. Die Aggregation der unterschiedlichen Methoden zur Zielbandbreite ist vom Wirtschaftsprüfer eigenverantwortlich vorzunehmen und entsprechend dokumentiert zu begründen.
Unternehmerische Initiativen, bei denen Fairness Opinions eines Wirtschaftsprüfers in Frage kommen, können aus Sicht des jeweiligen Auftraggebers Käufe und Verkäufe von ganzen Unternehmen, wesentlichen Unternehmensteilen, einzelnen Unternehmensanteilen oder auch von wesentlichen Vermögensgegenständen sowie sonstige unternehmerische Maßnahmen umfassen.
Der Zweck einer Fairness Opinion liegt in der Absicherung der verantwortlichen und betroffenen Unternehmensorgane sowie insbesondere die Dokumentation ihrer Entscheidungsgrundlagen bei der jeweils anstehenden unternehmerischen Initiative. Sie kann dabei behilflich sein, in einem gewissen Maße eine Objektivierung darüber zu geben, ob die relevanten Entscheidungsträger vor dem Hintergrund vorliegender Informationen und Daten im Hinblick auf den Transaktionspreis im Sinne aktienrechtlicher Sorgfaltspflichten gehandelt haben. Darüber hinaus kann eine Fairness Opinion dem Abbau von Informationsasymmetrien zwischen Anteilseignern, Aufsichtsgremien, Management und Gegenparteien im Rahmen der unternehmerischen Initiative dienen.
Beurteilung der finanziellen Angemessenheit
Bei der Beurteilung der finanziellen Angemessenheit des Transaktionspreises wird bei einer Fairness Opinion durch den Wirtschaftsprüfer entsprechend seiner Beauftragung immer die Sicht des jeweiligen Auftraggebers zu Grunde gelegt, so dass alle zum Stichtag vorliegenden oder auch absehbaren subjektiven Faktoren in die Betrachtung einbezogen werden. Methodisch wird die Beurteilung weit überwiegend über kapitalwertorientierte Bewertungsverfahren (Discounted Cash Flow- oder Ertragswertverfahren) sowie über marktpreisorientierte Verfahren (Analysen von Börsenkursen des Transaktionsobjekts und Multiplikatorverfahren) vorgenommen, wobei auch ergänzende kapitalmarkt- und transaktionsmarktbezogene Informationen Berücksichtigung finden. Bei der Anwendung von Discounted Cash Flow- oder Ertragswertverfahren hat der Wirtschaftsprüfer methodisch nach dem Normengerüst des IDW S 1 vorzugehen.
Im Ergebnis der Anwendung der vorstehend genannten Bewertungen und Analysen zur Beurteilung des Transaktionspreises ermittelt der Wirtschaftsprüfer regelmäßig eine Bandbreite als Beurteilungsmaßstab, so dass der aufgerufene Transaktionspreis dann als angemessen im Sinne des IDW S8 anzusehen ist, wenn er im Veräußerungsfall innerhalb oder oberhalb der Bandbreite bzw. im Erwerbsfall innerhalb oder unterhalb der Bandbreite liegt.
Opinion Letter und Valuation Memorandum
Im Aufbau umfasst eine Fairness Opinion regelmäßig einen Opinion Letter und ein Valuation Memorandum. Darüber hinaus kann im Einzelfall zusätzlich ein Factual Memorandum erstellt werden.
Im Opinion Letter nimmt der Wirtschaftsprüfer entsprechend dem Ergebnis seiner Bewertung auftragsgemäß Stellung zur finanziellen Angemessenheit des in Frage stehenden Transaktionspreises. Art und Umfang der Berichterstattung im Opinion Letter sind im IDW S8 vorgeschrieben. So ist der Opinion Letter an den Auftraggeber zu richten und er soll Ausführungen zum Auftrag und zur Auftragsdurchführung, eine Beschreibung des Transaktionsobjekts (einschließlich zugrunde liegende Transaktion sowie wirtschaftliche und rechtliche Grundlagen), Ausführungen zur Informationsbasis, Erläuterung der durchgeführten Analysen sowie der verwendeten Methoden und die Erklärung enthalten, dass der Transaktionspreis aus finanzieller Sicht im Sinne des IDW S8 entweder angemessen oder nicht angemessen ist.
Das Valuation Memorandum ergänzt den Opinion Letter um Darstellungen zu den verwendeten Methoden und Verfahren, Vorgehensweisen und Analysen sowie Prämissen und Informationen und macht somit ermöglicht somit eine Herleitung des Beurteilungsergebnisses.
Im Factual Memorandum werden schließlich die wesentlichen vom Wirtschaftsprüfer bei der Vornahme der Angemessenheitsbeurteilung herangezogen Informationen und Unterlagen zusammengestellt.